Links oder Rechts?
Hier stelle ich drei Übungen vor, mit Hilfe derer man erkennen kann, welche Seite des Großhirns an einer Antwort beteiligt ist. Dabei geht es nicht um einen wissenschaftlich sauberen Test sondern ich möchte nach den Übungen mit den Teilnehmern über ihr Lernverhalten ins Gespräch kommen und sie ermutigen ihre Lernstrategien zu verbessern.
1. Übung
Lesen Sie den folgenden Text aufmerksam und versuchen Sie ihn auswendig zu wiederholen.
Ein Zweibein sitzt auf einem Dreibein und isst ein Einbein Da kommt ein Vierbein, schnappt sich das Einbein und läuft weg Da nimmt das Zweibein sein Dreibein und erschlägt das Vierbein |
erst weiter lesen, wenn Sie d
Stopp: erst weiter lesen, wenn Sie es versucht haben
Stopp: erst weiter lesen, wenn Sie den Begriff notiert haben
Wenn Sie es nicht geschafft haben, seien Sie nicht enttäuscht. Nur höchstens 20 % der Teilnehmer sind in der Lage den Text spontan auswendig wiederzugeben. Das hat mit dem Einsatz der richtigen Gehirnhälfte zu tun.
Wie war Ihre Strategie? Wahrscheinlich haben Sie versucht eine Gesetzmäßigkeit in der Zahlenfolge zu erkennen und somit war eher die linke Gehirnhälfte beteiligt. Auf dem folgendem Bild sehen Sie eine Unterstützung für die rechte Gehirnhälfte. Schauen Sie sich das Bild an und versuchen Sie es noch einmal.
2. Übung
Schauen Sie sich 5 Sekunden das folgende Bild an und notieren Sie den ersten Begriff, der Ihnen
hierzu einfällt:

Stopp: erst weiter lesen, wenn Sie den Begriff notiert haben
Es gibt in der Regel zwei Antworten, je nachdem, welche Gehirnhälfte eingesetzt wurde.
rechts ein ganzheitlicher Begriff für mehrere Bäume |
links einzelne Bäume werden erkannt |
Wald Allee |
Baum drei Bäume |
Hintergrundinformation:
Vor einigen Jahren las ich von einem interessanten Versuch. Wissenschaftler hatten Versuchspersonen ein Bild mit drei Bäumen gezeigt und dabei die Gehirnströme gemessen.
Ergebnis: Wenn die Teilnehmer einen „Wald“ erkannten, war die rechte Gehirnhälfte beteiligt und bei „Baum“ die linke.
Als ich im Seminar dieses Bild zeigte, war ich überzeugt, dass alle Teilnehmer „drei Bäume“ sehen würden. Um so überraschter war ich, dass etwa die Hälfte einen „Wald“ sahen.
3. Übung
Schauen Sie sich 30 Sekunden das folgende Bild an. Schreiben Sie auf, was Sie sehen.

Stopp: erst weiter lesen, wenn Sie Ihre Notizen gemacht haben
Was haben Sie gesehen??
Bei den Teilnehmern ergeben sich – je nach Einsatz der Gehirnhälften - drei Schwerpunkte für die
Beschreibung des Bildes:
Vor allem rechte Gehirnhälfte
Fliegender Hund oder Spielplatz oder Schatzsuche oder..............
Das Bild wird als Ganzes betrachtet.
Die Information kommen aus der rechten Großhirnrinde. Dort sind Bilder gespeichert.
Beide Gehirnhälften
grüne Eistüte / Hubschrauberlandeplatz / blauer Brief / roter Flügel / 2 blaue Wellen oder Meer
Es werden verschiedene Einzelheiten erkannt und Farben genannt.
Vor allem linke Gehirnhälfte
drei Dreiecke / Viereck / Strahlensatz / zwei Sinusschwingungen / Kreis
Hier werden mathematische Begriffe verwendet, es wird gezählt und es werden keine Farben genannt
Anmerkungen:
Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich das Bild gesehen wird. Der Austausch darüber macht viel Spaß.
Nachdem ich diese Übung mit einer Berufsschulklasse durchgeführt hatte, sprach ein Schüler
(„stark rechts“) seinen Lehrer („doppelt stark links“) an und sagte :“Jetzt weiß ich, warum ich bei Ihnen nichts lerne“. In der Pause unterhielten sich die beiden über ihre unterschiedlichen Denkweisen.
Ein Beginn von Verstehen: „Nicht richtig oder falsch sondern anders“
Nach obigem Test sprach mich ein Kollege etwas ratlos an, Physiker, „stark links“:„Sag mal, gibt es auch Menschen ohne rechte Großhirnrinde?“ Ihn konnte ich beruhigen. Auch er hat eine rechte Gehirnhälfte. Er muss sie nur entdecken und fördern.
Es folgen oft gute Gespräche über Lernprobleme und Verbesserung von Unterricht. So sagte ein Schüler zu mir: „ Wenn das so ist, weshalb benutzen Sie beim Tafelanschrieb keine Farben und Bilder??“
Namen lernen mit Bewegung
In diesem Beispiel lernen Sie die Namen der Gruppe mit einer passenden Bewegung innerhalb von 20 Minuten (bei 15 Teilnehmern) und können sich danach mit Namen anreden.
Ablauf:
Die Teilnehmer stehen im Kreis und der Moderator verspricht in der Anmoderation, dass
sich alle Anwesenden nach 15 Minuten mit Namen ansprechen können.
Zuerst überlegt sich jeder eine passende Bewegung zu seinen Namen. Zum Beispiel:
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Helmut schlägt mutig mit der Hand auf seinen Helm (Kopf)
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Birgit trinkt ein Bier, verzieht das Gesicht und sagt igittegitt
- Ruth ruht und gähnt
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Claudia macht die typische Handbewegung eines Diebstahls
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Andreas kreuzt die Arme (Andreaskreuz)
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Peter hebt einen schweren Fels (Petrus) und stöhnt dabei
Fällt einem Teilnehmer keine typische Bewegung zu seinem Namen ein, hilft die Gruppe weiter. Der Betroffene entscheidet, welchen Vorschlag er annimmt.
Nun beginnt die Lernphase:
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Der Erste sagt seinen Namen und zeigt die Bewegung - alle Teilnehmer machen das nach.
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Der Zweite sagt seinen Namen und zeigt die Bewegung – nun werden die Namen und Bewegungen von beiden wiederholt.
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Das setzt sich so fort, bis alle sich vorgestellt haben. Bei größeren Gruppen werden jeweils nur die letzten 4 Personen wiederholt, sonst würde die Vorstellungsrunde zu lange dauern.
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Zur Vertiefung erfolgt nun eine Runde in die umgekehrte Richtung.
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Nun ist es an der Zeit einen Freiwilligen zu bitten, die Namen aller Teilnehmer zu nennen. Sollte er stocken, fällt ihm bestimmt die Bewegung ein und danach der Name.
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Nach etwa 45 Minuten wird nochmals wiederholt und die meisten können sich nun mit Namen ansprechen.
Dies ist ein schönes Beispiel für Lernen mit allen Sinnen. Es werden viele Eingangskanäle benutzt und die rechte und linke Gehirnhälfte beteiligt. Durch Bewegung, Lachen und Wiederholung werden die Informationen sicher im Langzeitgedächtnis gespeichert. So kann ich mich noch nach Jahren an viele Namen erinnern, oft fällt mir zuerst die Bewegung ein.
Lesen sie auch „Namen lernen“
Der Farbcode
Lernen mit Assoziationen
Schüler, die einen elektrotechnischen Beruf erlernen, müssen den Farbcode kennen um den Wert eines Widerstandes zu ermitteln. Auf dem Widerstand sind Farbringe aufgedruckt. Z.B.:
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1. Ring rot=2 2. Ring grün=5 3. Ring Anzahl der Nullen blau=6
Der Wert des Widerstandes beträgt 25 000 000 Ohm
Um sich diesen Code schnell und sicher einzuprägen bitte ich die Schüler sich positiv auf diesen Lernversuch einzustellen, die Augen zu schließen und die Zahlen mit den angebotenen Assoziationen und Farben zu verbinden.
Nach einer Pause von 20 Minuten wird der Farbcode abgefragt.
Zahl |
Farbe |
Assoziation |
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0 |
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schwarz |
Ich sehe durch ein schwarzes Ofenrohr |
1 |
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braun |
Ich trinke eine Tasse braunen Kaffee |
2 |
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rot |
Zwei rote Lippen soll man küssen |
3 |
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orange |
Ich presse 3 Orangen aus und trinke den köstlichen Saft |
4 |
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gelb |
Ich fahre einen gelben Porsche mit 4 gelben Reifen, 444 km/h Höchstgeschwindigkeit |
5 |
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grün |
Ich fasse in grüne Farbe. Ekelig und glitschig |
6 |
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blau |
Sex unter blauem Himmel |
7 |
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violett |
Die sieben Zwerge kommen von der Arbeit nach Hause mit ihren violetten Zipfelmützchen |
8 |
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grau |
Ein alter, grauer Schneemann. Der Kopf und der Bauch sehen aus wie eine acht |
9 |
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weiß |
Ich kegle mit einer weißen Kugel und neun weiße Kegel fallen um
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Erfahrungen:
Schüler lassen sich gerne auf dieses Experiment ein und können nach der Pause den Farbcode aufsagen. Auch nach mehreren Wochen ist er noch gespeichert.
Nach Jahren traf ich eine ehemalige Seminarteilnehmerin und sie konnte sich noch an alle Farben und Zahlen erinnern ohne diesen Code in der Zwischenzeit wiederholt zu haben.
Ein Schüler kam nach dem Unterricht zu mir und sagte: „ Ich kann mit ihren Bildern nichts anfangen und habe mir deshalb eine eigene Geschichten ausgedacht:“ Diese selbst entwickelten Assoziationen prägen sich natürlich noch intensiver ein als fremde. Wenn unsere Schüler beginnen mit eigenen Bildern und Geschichten Verknüpfungen zu den Lerninhalten herzustellen werden sie besser lernen und behalten.